Der Kampf um die Fläche
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Grüne Städte mit grünen Straßen, grünen Plätzen, grünen Fassaden und grünen Dächern – die Notwendigkeit der Begrünung städtischer Gebiete ist weithin anerkannt. Auch die Vorteile von Gründächern im Hinblick auf Kühleffekte, Verbesserung des Mikroklimas, Artenvielfalt von Flora und Fauna sowie Regenrückhaltung bei Starkregen sind allgemein bekannt.
Das Sika SolarMount-1 (SSM1) System mit einer ausgedehnten Dachbegrünung. Foto: Sika
Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang Dächer, insbesondere Flachdächer. Im urbanen Raum bieten sie die größten Sonnen- und Regenflächen und damit die am einfachsten skalierbare Möglichkeit, die oben genannten Vorteile schnell zu erreichen.
Im Zuge der Energiewende (Energiekrise) kommt diesen Bereichen jedoch noch eine weitere, nicht minder existenzielle Funktion zu. Die Flächen müssen Energie produzieren – elektrische Energie – saubere Energie – nachhaltige Energie – zuverlässig, kostengünstig, direkt beim Verbraucher – und nicht zuletzt in unvorstellbar großen Mengen. Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Photovoltaikanlage (PV) nur einen Beitrag zur Haushalts- oder Gewerbestromversorgung darstellen sollte. Die Anforderungen an erneuerbare Energien sind mittlerweile allgemein anerkannt und lauten: 100 %!
Was bedeutet das? Wir müssen so schnell wie möglich alle Energiesektoren mit erneuerbaren Energien elektrifizieren. Und das sind neben dem bekannten Haushalts- und Gewerbestrom (Energiesektor 1) noch zwei weitere und teilweise deutlich größere Energiesektoren. Der Wärmesektor, der neben der Raumwärme vor allem Prozesswärme in der Industrie umfasst, und der große Bereich des Mobilitätssektors zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Für viele Anwendungen kann erneuerbarer Strom bereits direkt genutzt werden – für andere Sektoren ist die Umwandlung von erneuerbarem Strom mittels Elektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff als Energieträger unumgänglich.
Die Hauptlast (Leistung) dieser Energiewende liegt hauptsächlich bei zwei Technologien: Windkraft und Photovoltaik. Beide Technologien sind verfügbar, schnell zu installieren, sauber, zuverlässig, sicher und günstig. Sie ergänzen sich nahezu perfekt in Bezug auf Tag und Nacht, Sommer und Winter, zentral und dezentral, Land-Stadt-Wasser.
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Beide Technologien benötigen für die Energiegewinnung im großen Maßstab vor allem eines: Land! (Oberfläche)
Da Windkraft in städtischen Gebieten praktisch nicht nutzbar ist, kommt der Photovoltaik hier eine herausragende Bedeutung zu. Und damit zurück aufs Dach. Das Dach muss den Hauptbeitrag zur regenerativen Energiegewinnung leisten. Der Konflikt mit Grünflächen auf dem Dach ist daher gegeben.
Aber warum sollte nicht beides gleichzeitig möglich sein? Müssen wir uns zwischen Grün- und Solardächern entscheiden?
Es ist möglich, beides zu tun. Bei guter Planung und dem Einsatz der entsprechenden Technik kann ein Dach sowohl ein Gründach mit allen bekannten Vorteilen sein als auch eine unerschöpfliche, saubere und günstige Energiequelle darstellen.
Zusammen mit seinem Partner Centroplan GmbH aus Deutschland hat Sika hierfür eine Lösung entwickelt. Grundlage hierfür ist ein speziell für Flachmembrandächer konzipiertes Photovoltaik-Montagesystem, das sogenannte Sika SolarMount-1 (SSM1)-System.
Grüne Matten und wurzelfreie Zone. Foto: Sika.
Der Unterschied zu herkömmlichen Photovoltaik-Flachdachmontagesystemen liegt in der Art und Weise, wie das Montagesystem auf der Dachbahn befestigt wird. Üblicherweise werden Konstruktionen aus Aluminiumprofilen auf die Dachbahn aufgesetzt und mittels Steinen gegen die vertikalen (Auftriebs-)Kräfte ballastiert. Die horizontalen Kräfte müssen durch die Haftreibung zwischen Dachbahn und PV-Montagesystem sicher auf die Dachkonstruktion übertragen werden. Das ist eine Wissenschaft für sich – denn neben der Ermittlung des richtigen Reibungskoeffizienten müssen auch örtliche Wind- und Strömungsgeschwindigkeiten berücksichtigt werden Lasten müssen perfekt auf die Geometrie des PV-Generators abgestimmt sein, um ein Verrutschen oder Abheben der PV-Anlage zu verhindern. In der Praxis gelingt dies meist nur bei großen und zusammenhängenden PV-Modulfeldern. Dadurch bleibt wenig bis gar kein Platz für eine Grünfläche.
Das Sika-System nutzt eine grundlegend andere Technik zur Befestigung des PV-Generators an der Dachbahn. Sika verwendet passgenaue Formteile, den sogenannten Solar Click. Dieser Anschluss zur Dachbahn besteht aus dem gleichen Material wie die Dachbahn selbst (PVC oder FPO) und kann somit auf molekularer Ebene mittels Heißluft direkt mit der Dachbahn verschweißt werden.
PV-Regalsystem direkt mit der PVC- oder FPO-Dachbahn verschweißt. Foto: Sika.
Die PV-Anlage und das Dach bilden eine Einheit. Sämtliche Horizontalkräfte werden vorab berechnet und mit großen Sicherheitsreserven in die Dachbahn eingeleitet. Sämtliche Vertikalkräfte (Windsog) werden ebenfalls projektbezogen berechnet und bei Bedarf durch einen in der Regel sehr kleinen Ballast gegen Abheben des PV-Generators gesichert.
Sikas leichtes Solar-PV-System SSM1 vor der Installation des Gründachs. Foto: Sika
Die Vorteile dieser Befestigungstechnik sind der maximale Schutz des Daches; die geringsten Zusatzlasten für die Dachkonstruktion; und bei Gründächern maximale Flexibilität bei der Auslegung des PV-Generators. Die einzelnen Systeme (von einem Modul bis zu 8 Modulen) können völlig unabhängig voneinander und in jedem gewünschten Abstand zueinander auf dem Dach installiert werden. Dadurch bleibt Platz für das Gründach.
In Deutschland, wo das System vor allem bei Discountern seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt wird, war der Hauptgrund für die Entwicklung des SSM1 Green Systems die Forderung der Kommunen, die Dachflächen als Gründachflächen auszuweisen. Die Hauptfunktion von Gründächern in städtischen Gebieten in Deutschland ist die Regenwasserrückhaltung bei Starkregenereignissen zur Vermeidung von Überschwemmungen. Die Behörden forderten einen Niederschlags-Abflusskoeffizienten von 0,5, was bedeutet, dass die übliche Niederschlagsmenge, die von einem Flachdach über das Entwässerungssystem in die städtische Kanalisation gelangt, nur halb so stark sein darf wie normal.
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SSM1-Solarmodule in dichter Anordnung ermöglichen dennoch eine Dachbegrünung und Regenwasserrückhaltung. Foto: Sika.
In Zusammenarbeit mit der Leibniz Universität Hannover wurden anschließend verschiedene Versuchsreihen mit dem SSM1-System und auf dem Dach platzierten Grünmatten durchgeführt. Mit dem Ergebnis, dass selbst bei einer sehr breiten Ost-West-PV-Anlage noch geringe Abstände zwischen den Modulreihen ausreichen, um mittels Begrünungsmatten den Regenabflusskoeffizienten zu halbieren.
Somit sind mit dem SSM1 Green System alle möglichen Varianten eines grünen Photovoltaikdachs denkbar und realisierbar. Von wenig Grün zur Aufrechterhaltung eines Regenabflusskoeffizienten bei maximalem Energieertrag bis hin zu einer großen Grünfläche mit maximaler Artenvielfalt und kleinerem Energieertrag. Das System ist vollständig anpassbar.
Jede Variante kann sinnvoll sein – wenn man sich der Prioritäten bewusst ist und die Nutzung der Dachflächen entsprechend plant. Wenn Sie die Vorteile beider Arten von Gründächern und/oder Photovoltaik kennen, kennen Sie implizit den folgenden Gestaltungsgrundsatz: Ungenutzte Dachflächen sind zu vermeiden!
Seedum-Matten sorgen für die Regenwasserrückhaltung zwischen Reihen von Solarmodulen. Foto: Sika.
Nichts macht den Grundsatz, keine Dachfläche ungenutzt zu lassen, klarer als die Kenntnis des jährlichen Solarenergieertrags eines Standard-PV-Moduls mit einer Fläche von 21 Quadratfuß (1,95 m²) und einer Leistung von etwa 410 Watt.
Ein Standardmodul generiert in Boston (MA) einen durchschnittlichen Jahresertrag von etwa 500 kWh.
In Los Angeles (CA) erzeugt ein Standardmodul etwa 620 kWh pro Jahr.
Ein normales kalifornisches Elektroauto kann mit der Energie, die von nur einem Standard-PV-Modul erzeugt wird, eine Strecke von etwa 2.500 Meilen pro Jahr zurücklegen.
Die Mehrfachnutzung von Grundstücken (Flächen) und Dächern ist die Kunst der Zukunft. Mit diesen Technologien können wir entscheiden, wie wir ungenutzte Grundstücke und Dachflächen in Zukunft für uns und unsere Umwelt nutzbar machen und dazu beitragen, die Herausforderungen bei der Regenwasserbewirtschaftung und die Notwendigkeit der Umstellung auf 100 % erneuerbare Energien zu bewältigen.
Integrierte Gründach- und Solar-PV-Anlage, in ganz Deutschland weit verbreitet. Foto: Sika.
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Robert Laumen ist Senior Projektmanager PV-Anlagen bei der Centroplan GmbH und der Future Sun GmbH Deutschland. Er ist seit 2009 im PV-Geschäft tätig.
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Robert Laumen